Kerngebiete und Maßnahmen

Naturschutzgroßprojekt Kellerwald

Das Naturschutzgroßprojekt Kellerwald-Region gliedert sich in vier Kerngebiete mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

Steilhänge nördlich des Edersees

Kerngebiet

Das Kerngebiet „Steilhänge nördlich des Edersees“ zeichnet sich durch letzte Reste echter Urwälder aus. Die schwer zugänglichen Steilhänge sind geprägt von einem Mosaik aus Eichen-, Buchen- und Hainbuchen-Trockenwäldern, Edellaubholz-Block- und Schluchtwäldern sowie Fels- und Schuttfluren und Blockhalden. Auf über 20 % (209 ha) der Fläche befinden sich Biotope von gesamtstaatlicher Bedeutung (Wertstufe 5). Urwaldreliktarten wie der Eremit (Osmoderma eremita) oder der Veilchenblaue Wurzelhalsschnellkäfer (Limoniscus violaceus) konnten hier überleben und stehen stellvertretend für viele weitere xylobionte Käferarten. Eine botanische Kostbarkeit der Felsfluren ist die seltene Pfingstnelke.

Maßnahmen

Zur Verbesserung und Erhaltung der Lebensräume wurde im Naturschutzgroßprojekt in Zusammenarbeit mit den großen Waldbesitzern und dem Forstamt Vöhl großflächiger Prozessschutz als Praxismodell zur „Vernetzung und Optimierung von Urwaldstandorten“ umgesetzt. In den überwiegend waldgeprägten Maßnahmenkomplexen lag der Schwerpunkt der durchgeführten Arbeiten auf dem Prozessschutz sowie der Wiederherstellung von naturnahen Waldkomplexen und Sonderstandorten wie Felsfluren. Gebietsfremde Nadelbäume wurden, teilweise aufgrund des steilen Geländes mit aufwendiger Spezialtechnik, entfernt und Waldbestände entsprechend der potentiellen natürlichen Vegetation entwickelt.

Die Entwicklung und Förderung einer extensiven Grünlandbewirtschaftung von Magerrasenbiotopen auf basenreichen Standorten spielte insbesondere in den Offenland-Maßnahmenkomplexen, aber auch in Maßnahmenkomplexen mit einem anteiligen Offenlandanteil eine wichtige Rolle. Hier bildeten Entbuschungsmaßnahmen und Vereinbarungen mit Bewirtschaftern den Schwerpunkt der Arbeiten.

Im Herbst 2020 wurde das gesamte Kerngebiet als Teil des Nationalpark Kellerwald-Edersee ausgewiesen.

Nationalpark Kellerwald-Edersee

Kerngebiet

Auf einer Fläche von 7.688 Hektar schützt der Nationalpark einen der letzten großen und naturnahen Rotbuchenwald-Bestände Mitteleuropas. Neben den bodensauren Buchenwäldern, sind vereinzelt trockenwarme Extremstandorte, Felsen und Blockhalden zu finden. Die Auszeichnung in 2011 der UNESCO als Weltnaturerbe „Buchenurwälder der Karpaten und Alte Buchenwälder Deutschlands" für Teilbereiche des Nationalparks, der hohe Alt- und Totholzanteil und die große unzerschnittene Fläche heben die Bedeutung des Gebiets zusätzlich hervor.

Zu Beginn der Umsetzungsphase des Naturschutzgroßprojekts wurden im Kerngebiet „Nationalpark Kellerwald-Edersee“ umfangreiche gewässerökologische Maßnahmen durchgeführt. Der Schwerpunkt lag auf hydromorphologischen Maßnahmen zur Verbesserung der Durchlässigkeit der Mittelgebirgsbäche Banfe, Keßbach und Heimbach. Wegedämme und Verrohrungen wurden entfernt und stattdessen Furten und Holzbrücken angelegt sowie angrenzende Auen modelliert oder vernässt. Mit der Verbesserung der Durchgängigkeit der Fließgewässer erhöht sich die Vernetzungsfunktion der Fließgewässer als lineare Landschaftselemente. Als wertvolle und im Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführte Arten profitieren insbesondere das Bachneunauge und die Groppe von den Maßnahmen.

Weiterhin wurden im Maßnahmenraum „Pfingstnelken-Felsrasen am Bloßenberg“ die vorgesehenen Maßnahmen zur Förderung der Pfingstnelken-Felsfluren (nationale Verantwortungsart) und Trocken-wälder (Habichtskraut-Traubeneichenwald) vollständig umgesetzt und werden durch den Nationalpark auf Nachbarbereiche ausgeweitet. Für die Entnahme der gepflanzten oder natürlich angeflogenen Nadelgehölze wurde teilweise Spezialtechnik angewendet und die Bäume mittels eines Helikopters schonend aus den Steilhängen entfernt.

Für den Maßnahmenraum am „Fahrentriesch“, einem mit historischen Hutebäumen durchsetzten Offenlandkomplex, in Kombination mit den im Grenzbereich liegenden Altenlotheimer Heiden konnte die Durchführung der Entwicklungsmaßnahmen (Freistellung/Entbuschung, Plaggenhieb und Beweidung) zum Teil mit ehrenamtlichen Unterstützer*innen umgesetzt werden, während die Finanzierung und Planung der Maßnahmen über das NGP gewährleistet wurde.

Insgesamt konnten die vorgesehenen Maßnahmen im Nationalpark nahezu vollständig umgesetzt werden. Die Vergrößerung und Regeneration der Triescher wurde durch ein Hessisches Arnika-Artenschutzprojekt ergänzt.

Frankenau und Wesetal

Kerngebiet

Das Kerngebiet „Frankenau und Wesetal“ unterscheidet sich mit seinem großen Anteil an Offenland deutlich von den anderen drei Kerngebieten.

Die abwechslungsreiche Kulturlandschaft zeichnet sich durch zahlreiche Talgründe mit naturnahen Wasserläufen, und einem hohen Anteil an extensiv genutzten Wiesen und Weiden aus. Die höchste Wertigkeit erreichen der gut strukturierte Wesebach und ein Feuchtwiesenkomplex im Weidengrund aufgrund seiner faunistischen und floristischen Ausstattung. Silikatmagerrasen und Heiden mit Entwicklungspotenzial bereichern den Wert des Naturraums.

Borstgrasrasen, Wacholderheiden, Feuchtwiesen und Hecken tragen zu der guten Strukturierung des Fördergebiets bei. Einzelne Waldkomplexe mit wertvollen Quellen, Feucht- und Auewäldern, Blockhalden und Felsklippen sowie einzelnen Resten ehemaliger Nutzungsforme wie Nieder-, Mittel-, und Hutewaldbewirtschaftung ergänzen die Offenlandbiotope.

Als bäuerliche geprägte Mittelgebirgslandschaft lag der Schwerpunkt der Maßnahmen in der Entwicklung bzw. Förderung von extensiven Grünlandbiotope wie artenreichen submontan geprägten Glatthaferwiesen, Rotschwingel-Magerwiesen, Feucht- und Auwiesen sowie Borstgrasrasen und Heiden. Östlich von Frankenau liegen mehrere Maßnahmenkomplexe, die als „Archelandschaft bei Frankenau“ zusammengefasst werden können. Durch den Ankauf von Flächen im Rahmen der Flurbereinigung konnten in diesem Bereich bereits sehr viele Flächen renaturiert und weiterentwickelt werden. Besonders Entbuschungsmaßnahmen und die intensive Zusammenarbeit mit den Bewirtschaftern der Offenlandflächen bildeten und bilden auch zukünftig große arbeitsintensive Schwerpunkte. Im Offenland ist eine kontinuierliche extensive Bewirtschaftung der Flächen für den Erhalt der Biotope und Arten wichtig und kann daher als nie abzuschließende Daueraufgabe betrachtet werden. Zur langfristigen Absicherung von Pflege- und Nutzungsmaßnahmen sowie Betriebs- und Rahmenstrukturen spielen dabei die Schaffung Hessens erster Arche-Region nach GEH-Standard (Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V.) und die Vernetzung mit Regionalentwicklungs- und Wertschöpfungsinitiativen, aber auch die Beratung der Landnutzer eine zentrale Rolle.

Die kleinteiligen Strukturen im Kerngebiet beinhalten zudem einige Waldbereiche und Maßnahmenkomplexe mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Eine Herausforderung bei der Umsetzung stellten die unterschiedlichen Besitzverhältnisse und teilweise mangelnde Bereitschaft der Eigentümer zur Umsetzung der Maßnahmen dar.

Hervorzuheben ist für dieses Kerngebiet die sehr positive Entwicklung im Hinblick auf die Identität und das Bewusstsein der Menschen vor Ort für einen einzigartigen Raum in der Kulturlandschaft. Mit der Gründung und auch Etablierung des Archevereins, des Arche-Pfads und dem alle zwei Jahre stattfindenden Archetag konnte ein nennenswerter Schritt zum Erhalt alter Nutztierrassen getan werden.

Hoher Keller

Kerngebiet

Ausgedehnte, buchenreiche Laub- und Mischwälder bestimmen das Bild des mittleren und südlichen Kellerwaldes. Hier sind aufgrund basenhaltiger Standorte anspruchsvolle, teils geophytenreiche Wälder vom Typ ‚Waldmeister-Buchenwald’ (und verwandte Gesellschaften) recht verbreitet und flächenhaft ausgebildet. In eingelagerten Devonkalk-Partien treten im Durchbruch des mittleren Urfftales Orchideen- und Platterbsen-Buchenwälder auf. Die höchste Erhebung des Naturparkes markiert der große, geschlossene Laubwald-Komplex des namensgebenden „Hohen Kellers“. Entlang des markanten Quarzitkamms (Wüstegarten) treten Waldgrenzstadien sowie Zwergstrauchfluren und Sauerhumusrasen auf. Im Hohen Keller finden sich zahlreiche von Quellen, Fließgewässer und Mooren geprägte Feuchtwälder.

Besonders im Staatswald konnten umfangreich Naturschutz-Maßnahmen umgesetzt werden. In den Jahren 2012 bis 2016 wurde im Komplex „Wüstegarten und Grat“ großflächig Fichten entnommen und der Quarzitgrat bzw. Blockhalden freigestellt. Seitdem entwickelt sich ein natürlicher Ebereschen-Birken-Sukzessionswald.

Von 2012 bis 2014 wurde die Renaturierung der Bäche (z.B. Koppbach, Schieferrainsgraben) durchgeführt. Die schrittweise Moor-Revitalisierung wurde in Kooperation mit der Oberen Naturschutzbehörde Kassel und dem Forstamt Jesberg ausgestaltet. Auch die Durchgängigkeit der Urff wurde verbessert. Mit der Anlage eines „Moorpfads“, eines Bohlenstegs und des Wanderwegs „Wildromantisches Urfftal“ sowie der Erarbeitung eines Besucherlenkungskonzepts für den Hohen Keller wurde im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit viel erreicht.

Die im Antrag formulierte „naturschutzoptimierte Waldbewirtschaftung“ auf einer großen Fläche konnte aufgrund der strittigen Definition dieser Bewirtschaftungsform und mangelnden Zustimmung der Waldbesitzer nur schwer umgesetzt werden. Stattdessen wurden jedoch auf einer Fläche von 45 Hektar Prozessschutzflächen gegen Ausgleichszahlung ausgewiesen. Mit den zusätzlich durch das Land Hessen eingebrachten Flächen wurden insgesamt 280 Hektar Prozessschutzflächen eingerichtet.

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